Viele Aufgabenstellungen – viele industrielle Reinigungsverfahren. Deren Spektrum reicht von den reinen nasschemischen Varianten über die Waschmechanik mit Spritz-, Flut- und Druckumflutprozes-sen im Nieder-/Hochdruck bis hin zu neuen Möglichkeiten mittels zyklischer Nukleation. Doch welches ist das perfekte Reinigungs-verfahren für die jeweilige Anforderung – beziehungsweise gibt es das überhaupt? Dieser Beitrag soll als Bestandsaufnahme und Ent-scheidungshilfe dienen.

Basis-Aufgaben der industriellen Reinigungstechnik

Das Entfernen unerwünschter partikulärer oder filmischer Verunreinigun-gen auf der jeweils spezifischen Bauteiloberfläche anhand organischer oder anorganischer Basis stellt, neben deren Vermeidung, die Kernauf-gabe der industriellen Reinigungstechnik dar. Zum Einsatz kommen ne-ben den geeigneten nasschemischen Medien auch waschmechanische Methoden in Form von Injektionsflut-, Strahl- oder Bürstverfahren sowie Kavität durch z. B. Ultraschall. Die Auswahl sowie Reihenfolge der je-weiligen Verfahren – auch unter Berücksichtigung von Temperatur und Zeit – ist stets abhängig von der jeweiligen Reinheitsanforderung, dem Reinigungsgut (Material, Gestalt und Rauigkeit) sowie der Verschmut-zung (Art, Zustand und Menge).

Die richtige Auswahl und auch Kombination der Medienaufbereitungssys-teme entscheidet über die Konstanz der Reinigungsqualität, die Dauer der Prozesssicherheit, Effizienz sowie die Standzeit der eingesetzten Reinigungsmedien. Hierbei wird zwischen klassischer Kreislauffiltration und Aufbereitung im Nebenstrom unterschieden. Art, Kosten und Kom-plexität sind stark von der jeweiligen Aufgabe abhängig.

Auswahl des geeigneten Verfahrens

Welches Medium ist jetzt aber für welche Aufgabenstellung tatsächlich geeignet? Jedes, ob in reiner Form polar (Wasser, ggf. mit Reinigerzu-satz) oder unpolar (z. B. Kohlenwasserstoffe, modifizierte Alkohole, chlo-rierte Kohlenwasserstoffe), hat seine spezifischen Eigenschaften. Prinzi-piell gilt jedoch der vereinfachte Grundsatz „Gleiches löst Gleiches“. Dif-ferenzierter betrachtet, muss noch bezüglich der Anforderung, dem Pro-zess nach der Reinigung, Werkstückmaterial sowie der Verunreinigung auf der Werkstückoberfläche unterschieden werden.

Qualität der Reinigung

Generell sind sowohl polare als auch unpolare Reiniger für Vor-, End- und Feinstreinigungsaufgaben unter partikulären und filmischen Aspek-ten ideal. Kohlenwasserstoffe und chlorierte Kohlenwasserstoffe hinge-gen eignen sich etwa nicht für die Beseitigung von Salzen. Auch wären die Grenzen der klassischen wässrigen Reinigung ohne Einsatz der ge-eigneten Waschmechanik schnell erreicht. Darüber hinaus nimmt das Werkstück mit seinen Eigenschaften in beispielsweise Grundmaterial, Struktur und Geometrie erheblichen Einfluss. PER, ein chlorierter Koh-lenwasserstoff, taugt etwa nicht zur Anwendung bei Kunststoffen. Sin-termetalle lassen sich durch wässrige Reiniger nicht ohne das geeignete waschmechanische Verfahren bearbeiten. Die poröse, feinstkapillare Struktur behindert sowohl das Benetzen der verschmutzten inneren Oberflächenstruktur als auch den erforderlichen Medienaustausch/-fluss und erlaubt somit nicht die Erfüllung der zwei wesentlichen Grundanfor-derungen an die industrielle Reinigungstechnik.

Von erheblicher Bedeutung ist jedoch die Art der unerwünschten Verun-reinigung auf der Werkstückoberfläche. Zum Beispiel Seifen und Emul-sionen sowie Pigmente (polar) sind am besten mit polaren Flüssigkeiten (Wasser) entfernbar. Harze und Klebstoffe hingegen nur mit unpolaren Lösemitteln. Flussmittel nur mit modifizierten Alkoholen oder mittels pola-ren/unpolaren Hybridverfahren. Beim Einsatz von Wasser kommt außer-dem der zugesetzten Reinigungschemie mit ihren vielfältigen Fähigkeiten eine tragende Rolle zu.

Einfluss waschmechanischer Verfahren

Waschmechanik wird in rein mechanische (z. B. Bürstmethoden) und nasschemische Varianten wie Spritz- und Flutreinigung unterschieden.

Die Ausführung der häufigsten Spritzreinigungsverfahren erfolgt mit ei-nem statischen, nicht bewegten, Bauteil oder in Kombination mit drehen-den oder linearen Relativbewegungen des Bauteils zum Düsensystem. Üblicherweise kommen hier wasserbasierte Reinigungsmedien zum Ein-satz. Pulsende und/oder Hochdrucksysteme werden bei stärker anhaf-tenden Verschmutzungen eingesetzt, da dies den waschmechanischen Effekt auf der Oberfläche deutlich verstärkt. Durch eine vertikale Dreh-bewegung lassen sich die Reinigungsergebnisse auch bei schwierigen Geometrien deutlich verbessern.

Alle Spritzreinigungen neigen jedoch tendenziell zu Rückverschmut-zungseffekten durch abprallende Partikel oder solche im unmittelbaren Umfeld. So sind sie prinzipiell nur für einfache geometrische Formen mit gut erreichbaren Oberflächen geeignet.

Bei Flutreinigungsverfahren taucht die Ware komplett ins Medium ein, was eine Benetzung der gesamten Bauteiloberfläche zur Folge hat. Das Reinigungsmedium erreicht, ggf. durch Unterdruckverfahren unterstützt, in der Regel alle Bauteilpartien. Durch eine Schwenk- oder Drehbewe-gung des Werkstückes und/oder die Medienführung/Strömung werden zusätzliche Reinigungseffekte erzeugt.

Speziell beim Druckfluten oder auch Injektionsfluten bewirkt der Düsen-druck direkte mechanische Effekte. Durch die Relativbewegung des Werkstücks werden außerdem zusätzliche erwünschte Sog-Druck-Wechseleffekte erzeugt, die den Prozess bei komplexen Geometrien stark unterstützen.

Anhaftende Feinverschmutzungen sind unter anderem mit kavitätischen Verfahren, wie etwa Ultraschall, entfernbar – oder durch die neue und sehr effektive Methode der zyklischen Nukleation.

Neues Sonderverfahren für kapillare Strukturen:

Die zyklische Nukleation

Die zyklischen Nukleation (Cyclic Nucleation Process, kurz CNp) ist der waschmechanischen Flutreinigung zuzuordnen. Sie lässt sich mittels be-kannter klassischer verfahrenstechnischer Grundprinzipien erzeugen, indem eine mit Medium (z. B. eine Reinigungsflüssigkeit) gefüllte, ge-schlossene Kammer mit Unterdruck beaufschlagt wird. Die hierbei ent-stehenden Gasblasen bilden sich auf allen reaktiven Oberflächen, auch in komplexen Strukturen wie etwa Kapillaren und Bohrungen. Bei plötzli-cher Wegnahme des Unterdrucks fallen diese wieder in sich zusammen (implodieren) und erzeugen einen Druckschlag (Kavitation) mit einer spürbaren mechanischen Wirkung auf der gesamten Bauteiloberfläche – gerade in verdeckten oder kapillaren Bereichen.

Der entscheidende waschmechanische Effekt, die eigentliche Neuerung, besteht in der Bestimmung eines fest eingestellten Zykluses zwischen einem definierten unteren Schaltpunkt im Vakuum und einem oberen Schaltpunkt im Unterdruck oder ggf. auch im Überdruck, der beliebig oft wiederholt und variiert werden kann. Daher der Begriff „zyklische Nukle-ation“. Bei den physikalischen Effekten von CNp handelt es sich prinzipi-ell um dieselben, wie sie bei den bekannten Ultraschallprozessen auftre-ten. Der Kavitationseffekt ist zwar tendenziell schwächer, allerdings ent-faltet sich dieser auch zwischen der Verunreinigung und dem Substrat – und das auf der gesamten Bauteiloberfläche. Auch im Innenraum von komplexen 3D-Strukturen, in den Ultraschall nur bedingt vordringen kann.

Dieses Verfahren ist somit allein oder auch ergänzend zu klassischen Reinigungsverfahren anwendbar. Durch die isostatischen Eigenschaften von Flüssigkeiten pflanzen sich die oben genannten Druckveränderun-gen auch bis in die letzten Winkel komplexer Innengeometrien fort. In Folge entsteht ein Medienfluss/-austausch in allen – gerade auch kapilla-ren – Bereichen des Bauteils.

Die durch Unterdruck entstandenen Gasblasen wachsen und schrump-fen durch die Druckamplituden fortlaufend und sorgen dafür, dass Parti-kel und Verschmutzungen an schlecht zugängigen Stellen gelöst und aus dem unmittelbaren Bereich des Bauteils transportiert werden. Diesen Vorgang nennt man auch den „asymetrischen Volumenstrom“, da er selbst in jenen kapillaren Strukturen einen Medienstrom und Verschmut-zungsaustrag gewährleistet, die ein ungünstiges Querschnitt-Längenverhältnis aufweisen. Neben den Unterdruck-Verfahren haben sich auch Varianten entwickelt, die mit Druckschwankungen von Unter- bis hin zum Überdruck arbeiten. Diese erhöhen die waschmechanischen Effekte durch eine höhere Intensität/Kraft des kavitätischen Moments.

Fazit

Es gibt kein perfektes Reinigungsverfahren für das breite Spektrum der industriellen Aufgabenstellungen. Die richtige Auswahl und Kombination erscheint auf den ersten Blick sehr schwer. Dennoch: Betrachtet man den erforderlichen Reinigungsprozess aus der Zusammensetzung Mate-rial-Verschmutzung-Reinheitsanforderung heraus, drängt sich die richtige und zielführende Variante regelrecht auf. In einigen Fällen ergeben sich auch gleichwertige Alternativen.

Die fertige Anlagenlösung hat sich dann noch an Themen wie Durchsatz, Betreiberkonzept sowie fertigungs-logistische Einbindung auszurichten. Ist der Betreiber diesbezüglich sattelfest in der Formulierung seiner An-forderung, auch, was den Teilefluss und Schmutzeintrag betrifft, steht einer bedarfsgerechten Auslegung der industriellen Reinigungsanlage wenig entgegen.