Laut Christoph Matheis, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Oberflächentechnik (ZVO), ist die Auftragslage deutlich gesunken. Rund 70 Prozent der Unternehmen hatten Rückgänge in Höhe von bis zu 40 Prozent zu verzeichnen. 44 Prozent der Unternehmen bewerteten die Lage im Oktober als zufriedenstellend, 31 Prozent als schlecht oder sehr schlecht. Nur jedes vierte befragte Unternehmen bewertet die wirtschaftliche Situation als gut oder sehr gut. Die durchschnittliche Kapazitätsauslastung der Betriebe liegt aktuell bei 74 Prozent. Matheis: „Das ist niedrig, aber damit kann man jetzt sogar schon zufrieden sein.“ Aber die Krise wird durchaus auch als Chance wahrgenommen: Projekte, die lange liegengeblieben sind, werden jetzt angegangen. Zudem wird mit einer deutlichen Beschleunigung im Prozess der Digitalisierung gerechnet. Der ZVO erwartet auch langfristig ein verändertes Einkaufsverhalten, das einhergeht mit der Rückverlagerung der Beschaffung nach Europa.

Auch der VDMA beschrieb die schwierige konjunkturelle Lage. In den ersten beiden Quartalen 2020 gab es starke Umsatzeinbrüche. Die Rückgänge aufs Jahr prognostiziert der VDMA in der Lackiertechnik auf minus 11 Prozent, in der Strahltechnik auf minus 20 Prozent und in der industriellen Plasma- und Oberflächentechnik auf minus 23 Prozent. Der Blick auf die Entwicklung des Außenhandels in der Oberflächentechnik zeigt, dass China mit einem Anteil von 21 Prozent mittlerweile an der Spitze liegt. „Deutschland steht mit 15 Prozent auf Platz zwei, bleibt aber Technologieführer,“ sagt Dr. Martin Riester, Referent Oberflächentechnik im VDMA. Für ihn ist die Digitalisierung ein zentrales Thema, da sie den nationalen Unternehmen die Chance bietet, im internationalen Wettbewerb in der Oberflächentechnik Technologieführer zu bleiben.

Dr. Michael Zöllinger, Gesamtleitung Chemie sowie Prokurist, Schlötter Galvanotechnik GmbH & Co. KG, Zöllinger stellte fest, dass die Pandemie nur überlagert, dass es ohnehin große Umwälzungen in der Industrie gibt. Das betrifft neben der Digitalisierung besonders die Themen Umwelt, Klima- und Gesundheitsschutz. Von der Elektrifizierung der Mobilität über die Betrachtung realer Umweltkosten bis hin zum CO2-Fußabdruck findet ein enormes Umdenken in Gesellschaft und Wirtschaft statt.

Die wirtschaftliche Situation in der Reinigungsbranche ist ebenfalls belastet, da die Schwierigkeiten der Kunden in der verarbeitenden Industrie auf diese Branche durchschlagen. Hinzu kommt, dass die internationalen Märkte schwer erreichbar sind. Dem stehen jedoch auch positive Aspekte gegenüber: Branchen wie Medizintechnik und Pharma, die jetzt im Aufwind sind, haben einen großen Bedarf an Reinigungstechnik. Frank-Holm Rögner, Gruppenleiter Reinigung, Fraunhofer Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP, sieht eine entscheidende Herausforderung für die Reinigungsbranche in der Reinigbarkeit komplexer oft additiv gefertigter Bauteile. Herausforderung und Chance zugleich sind aus seiner Sicht maschinelles Lernen und KI.

Ulrike Kunz, Leiterin Technical Center SurTec Deutschland GmbH, Mitglied im FIT, Sprecherin Ausstellerbeirat parts2clean, öffnete den Blick auf die aktuelle Situation in den Unternehmen der Reinigungstechnik. Sowohl die Anfragen als auch die Investitionsbereitschaft seien momentan gering. Hinzu kommt, dass der Service bei Kunden durch Reisebeschränkungen und Kurzarbeit zuletzt kaum oder nur eingeschränkt möglich war. Auch die Installation von Anlagen gestaltet sich in diesen Zeiten kompliziert. In der Folge verschärft sich der Wettbewerb auf Anbieterseite. Positivbeispiele wie die Medizintechnik können die – auch schon vor Corona sich abzeichnenden – Ausfälle aus Automobilindustrie und Aerospace nicht kompensieren. „Das Fehlen von Messen wirkt sich negativ aus“, so Kunz. „Wir brauchen Messen, damit neue Projekte reinkommen. Business braucht Begegnung.“